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Donnerstag, 6. Oktober 2016
Die gewisse Gewissensfrage : Abschied mit schwerem Herzen
dreadpan, 12:54h
VON PR. DR. DR. HEINER EHRLICHER, Esq.
Wenn mir meine Freunde vor meiner Abreise einen riesiegen Marzipan-Dildo schenken: Muss ich ihn wirklich mitschleppen? Die Gewissensfrage.
»Ich gehe für ein Jahr nach Schweden. Meine Freunde haben mir zum Abschied als Erinnerung auf der Venus-Messe ein einen halben Meter großen, schweren Marzipandildo mit persönlichem Gruß dekorieren lassen. Ich habe mich sehr gefreut, muss mich aber beim Gepäck beschränken. Muss ich das Ding mitnehmen, oder darf ich es zu Hause lassen oder sogar aufessen?« Swantje R., Berlin
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Ihr Problem könnte man als das einer Elephantoespicopati oder Elephantoumlackierae bezeichnen. Was Sie bekommen haben, war nämlich ein weißer Elefant.
Diese Einordnung geht zurück auf die realen weißen Elefanten, die in Thailand als heilig angesehen...aber das wissen Sie als gebildete SZ-Leserin ja alles, ne?
Im Grunde ist Ihr Dildo so ein weißer Elefant. Wegen des persönlichen, auf ihm angebrachten Grußes ist der sonst zum Essen gedachte Dildo gewissermaßen heilig, man mag ihn nicht mehr zum Verzehr heranziehen. Und es entstehen Ihnen Verpackungsmühen und Kosten für Übergepäck. Es sei denn, Sie geben den weißen Elefanten zur Aufbewahrung, in Elefantenpflege, Elephantoepiscopatus. Oder Sie essen ihn, wie man es mit gewöhnlichem Dildo auch tut. Das würde bedeuten, Sie färben ihn gewissermaßen um, eine Elefantenfärbung, Elephantoumlackiera. Oder Sie verkaufen das Teil und kaufen sich ein Latein-Lehrbuch, dann können Sie sich an der Welt rächen, die Sie mit derart verzwickten Problemen traktiert und selber kluge Kolumnen schreiben. Really, it's that simple!
Dürfen Sie das? Ich sag mal ja! Deshalb lassen Sie es da oder essen Sie es, wie Sie wollen, oder stecken sie es sich sonstwohin, dann löst sich das Problem sozusagen von alleine.
Literatur:
Einen interessanten Überblick über die Geschichte des Idioms »White Elephants« im Englischen bietet diese Webseite: Siamese-White-Elephant-Ivory-Dildo.com
Im Deutschen ist der Ausdruck vor allem durch Rilke bekannt, aber den kennen Sie ja auch in- und auswendig.
PR. DR. DR. Heiner Ehrlicher, Esq.
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Haben Sie auch eine Gewissensfrage? Dann schreiben Sie Ihre Gewissenfrage in die Kommentare! Ich werde sie sogleich klug und besonnen, wenn auch etwas ausufernd beantworten.
Wenn mir meine Freunde vor meiner Abreise einen riesiegen Marzipan-Dildo schenken: Muss ich ihn wirklich mitschleppen? Die Gewissensfrage.
»Ich gehe für ein Jahr nach Schweden. Meine Freunde haben mir zum Abschied als Erinnerung auf der Venus-Messe ein einen halben Meter großen, schweren Marzipandildo mit persönlichem Gruß dekorieren lassen. Ich habe mich sehr gefreut, muss mich aber beim Gepäck beschränken. Muss ich das Ding mitnehmen, oder darf ich es zu Hause lassen oder sogar aufessen?« Swantje R., Berlin
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Ihr Problem könnte man als das einer Elephantoespicopati oder Elephantoumlackierae bezeichnen. Was Sie bekommen haben, war nämlich ein weißer Elefant.
Diese Einordnung geht zurück auf die realen weißen Elefanten, die in Thailand als heilig angesehen...aber das wissen Sie als gebildete SZ-Leserin ja alles, ne?
Im Grunde ist Ihr Dildo so ein weißer Elefant. Wegen des persönlichen, auf ihm angebrachten Grußes ist der sonst zum Essen gedachte Dildo gewissermaßen heilig, man mag ihn nicht mehr zum Verzehr heranziehen. Und es entstehen Ihnen Verpackungsmühen und Kosten für Übergepäck. Es sei denn, Sie geben den weißen Elefanten zur Aufbewahrung, in Elefantenpflege, Elephantoepiscopatus. Oder Sie essen ihn, wie man es mit gewöhnlichem Dildo auch tut. Das würde bedeuten, Sie färben ihn gewissermaßen um, eine Elefantenfärbung, Elephantoumlackiera. Oder Sie verkaufen das Teil und kaufen sich ein Latein-Lehrbuch, dann können Sie sich an der Welt rächen, die Sie mit derart verzwickten Problemen traktiert und selber kluge Kolumnen schreiben. Really, it's that simple!
Dürfen Sie das? Ich sag mal ja! Deshalb lassen Sie es da oder essen Sie es, wie Sie wollen, oder stecken sie es sich sonstwohin, dann löst sich das Problem sozusagen von alleine.
Literatur:
Einen interessanten Überblick über die Geschichte des Idioms »White Elephants« im Englischen bietet diese Webseite: Siamese-White-Elephant-Ivory-Dildo.com
Im Deutschen ist der Ausdruck vor allem durch Rilke bekannt, aber den kennen Sie ja auch in- und auswendig.
PR. DR. DR. Heiner Ehrlicher, Esq.
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